Polit-Talk mit (von links) Roger Lewentz, Anne Spiegel, Daniela Schmitt, moderiert durch Peter Burger und Kurt Krautscheid, Christian Baldauf und Michael Frisch.
Michael Jordan

500 Gäste sind online dabei / Polit-Talk greift handwerkspolitische Themen zur Landtagswahl auf.Digitaler HwK-Neujahrsempfang: Spitzenpolitiker stellen sich den Fragen des Handwerks

Der Neujahrsempfang der Handwerkskammer (HwK) Koblenz findet traditionell mit vielen Hundert Gästen im Zentrum für Ernährung und Gesundheit statt und markiert für das Handwerk im nördlichen Rheinland-Pfalz den festlichen Jahresauftakt. Corona-bedingt wurde für 2021 ein neues, modernes und inhaltlich anspruchsvolles Digital-Format entwickelt. Im Vorfeld der Landtagswahlen wurden die Spitzenkandidaten ihrer Parteien eingeladen, sich im Dialog mit dem Handwerk wichtigen Fragen zu stellen. Technisch anspruchsvoll, wurde dafür der HwK-Veranstaltungsort in ein großes TV-Studio verwandelt. Moderiert durch Peter Burger, Chefredakteur der Rhein-Zeitung, und HwK-Präsident Kurt Krautscheid ging es durch einen kurzweiligen wie informativen Polit-Talk mit Staatsminister Roger Lewentz (SPD), Christian Baldauf, MdL (Fraktionsvorsitzender CDU),Staatsministerin Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen), Staatssekretärin Daniela Schmitt (FDP) und Michael Frisch, MdL (Landesvorsitzender AfD).

„Gerne hätten wir Sie alle hier persönlich begrüßt“, wandte sich Kurt Krautscheid zur Begrüßung an die 500 online zugeschalteten Gäste. Das neue Corona-konforme Format gestattete aber nur einen kleinen Personenkreis in Präsenzform, der vor der Veranstaltung einen Test negativ durchlaufen musste. In der folgenden, knapp zweistündigen Veranstaltung wurden fünf Schwerpunktthemen und damit verbundene handwerkspolitische Fragen durch die Politiker beantwortet.

„Uns war wichtig, ein Signal zu setzen. Eine Absage der Veranstaltung kam nicht in Frage und wir haben eine Vorwärtsstrategie gewählt“, erklärt HwK-Hauptgeschäftsführer Ralf Hellrich die Idee für diese Spitzenrunde aus Politik und Handwerk. „Gerade jetzt ist es wichtig, in Kontakt zu bleiben und eine Strategie zu entwickeln, um mit viel Schwung aus dieser Corona-Krise heraus zu starten. Das schließt politische Rahmenbedingungen ein, die im Sinne des Handwerks gestaltet werden. Eine künftige Landesregierung muss sich daran messen lassen, Politiker, die dabei eine Rolle spielen wollen, sich den Fragen des Handwerks stellen“.

Die Rolle des Nordens im landespolitischen Bewusstsein wurde dabei zum Auftakt kritisch hinterfragt. „Wirtschaftlich erfolgreich, von der Politik vergessen?“ richtete Peter Burger seine Fragen zu landespolitischen Förderschwerpunkten und Programmen mit zumeist südlicher Ausrichtung an Roger Lewentz. „Ich komme aus einer Handwerkerfamilie, lebe am Mittelrhein, mein Sohn ist Tischler. Insofern stehe ich dem Handwerk und der Region sehr nahe und weiß, dass die Landesregierung sich für den Norden einsetzt.“

Die weiteren Schwerpunkte „Digitalisierung“, „Verkehr“, „Bildung“ und „Ökologie / Nachhaltigkeit“ wurden über Kurzfilme eingeleitet. Dabei kamen Handwerker aus dem Kammerbezirk zu Wort, die aus ihrer Sicht und ganz authentisch über Probleme berichteten und entsprechende Fragen an die Politiker richteten. Bei der Beantwortung wurde im Sinne einer politischen Ausgewogenheit auf den Wechsel zwischen Regierungs- und Oppositionsparteien Wert gelegt.

So wurde Christian Baldauf auf das Thema „Digitalisierung“ angesprochen: „Wie können Schulabgänger besser auf die digitale Wirtschaftswelt vorbereitet werden und wie kann der Ausbau digitaler Netze in der Fläche, gerade im ländlichen Raum, schnellstmöglich sichergestellt werden?“ Baldauf ging in seiner Antwort auf die Bedeutung der Digitalisierung als „Werkzeug quer durch alle Bereiche“ ein. Wenn er nach der Landtagswahl Regierungsverantwortung übernähme, „wird Digitalisierung Chefsache und in der Staatskanzlei angekoppelt.“ Baldauf bedauerte, dass viel Digitalwissen gerade in der IT-geprägten Corona-Phase im Land ungenutzt blieb „und Entwickler aus Rheinland-Pfalz weggegangen sind.“

Daniela Schmitt kam der Part „Verkehr“ zu. Besonders die inzwischen jahrzehntewährende Langzeitdebatte um die Mittelrheinbrücke brennt vielen Betrieben dieser Region unter den Nägeln. Dabei geht es um Verkehrswege wie auch die Attraktivität des Lebensraums, Abwanderung von Jugendlichen inklusive. Auch die Verbesserung eines flächendeckenden öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) wurde hier angesprochen, denn viele junge Lehrlinge sind darauf angewiesen, sollen Ausbildungsstätten und Betriebe erreicht werden. „Eine flächendeckende Erreichbarkeit ist wichtig. ÖPNV ist dabei ein Thema. Dazu zählt aber auch die Individualmobilität und ich verweise auf den Führerschein mit 15 oder auch den Ausbau der Radwege. Wir setzen auf einen klugen Mobilitätsmix.“ Bei der Notwendigkeit der Mittelrheinbrücke herrschte politischer Konsens. Anne Spiegel wurde darauf durch Peter Burger direkt wie auch durch zugeschaltete Chat-Nutzer angesprochen und verwies auf den Koalitionsvertrag, „an dem wir uns selbstverständlich orientieren.“

Michael Frisch wurde auf Bildungsthemen angesprochen, was die Fachkräftesicherung einschließt. „Warum findet das Handwerk in der Berufsberatung der Gymnasien nicht mehr statt? Was kann die Politik bei der Migration von Flüchtlingen verbessern, damit eine unbürokratische und einfache Integration in Ausbildungsverhältnisse möglich ist?“ Frisch antwortete: „Bei der Integration von Flüchtlingen in den Ausbildungsbereich gibt es gute und schlechte Beispiele“. Er legte Wert auf eine politische Trennung der Themen Fachkräftesicherung und Einwanderungspolitik. Für den heutigen fachlichen Nachwuchsmangel machte er auch Fehler in der Familienpolitik verantwortlich. Daniela Schmitt forderte mehr Einsatz für das Erreichen der Gleichwertigkeit akademischer und beruflicher Bildungswege. Roger Lewentz nahm auch die Eltern mit in die Pflicht, geht es um eine stärkere Öffnung Richtung Handwerk nach dem Schulabschluss.

Anne Spiegel schloss die Runde zum Thema „Ökologie und Nachhaltigkeit“. Dabei ging es um die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe, die stark mit bürokratischen Auflagen zu kämpfen haben, so im Fleischerhandwerk. Auch das Azubi-Ticket wurde thematisiert – eine inhaltliche Ergänzung zum verbesserten ÖPNV-Netz und seine kostenlose Nutzung durch Lehrlinge. „Handwerk spielt bei der Nachhaltigkeit wie auch beim Umweltschutz eine große Rolle“, lobte Anne Spiegel und favorisierte regionale Wirtschaftskreisläufe wie auch eine Versorgung mit kurzen Wegen. Beim Erreichen von Umweltschutz- und Klimazielen werde das Handwerk auch künftig stark gefragt sein.

Für die zugeschalteten 500 digitalen Gäste bot sich die Möglichkeit, eigene Fragen zu stellen. „Wir haben uns über die rege Nutzung dieses Angebotes gefreut. Das hat den Talk noch lebendiger gestaltet, auch wenn wir nicht alle Fragen einbringen konnten“, zeigte sich Kurt Krautscheid als Co-Moderator an der Seite von Peter Burger zufrieden.

„Ein wirklich gutes Format, das inhaltlich anspruchsvoll durch alle Beteiligten gestaltet wurde – Politiker wie Fragesteller aus dem Publikum gleichermaßen“, zog Peter Burger ein positives Fazit.

Kurt Krautscheid appellierte an alle Gäste: „So wie sie heute Gebrauch gemacht haben von der Möglichkeit eines Dialogs mit der Politik, so machen Sie bitte auch Gebrauch vom Wahlrecht zur Landtagswahl Rheinland-Pfalz am 14. März wie auch zur Bundestagswahl am 26. September! Nur so können wir Demokratie mitgestalten und für unser Land sicherstellen. Auch das spielt in der heutigen Zeit eine wichtige Rolle und wir übernehmen damit alle gesellschaftliche Verantwortung!“

Der gesamte Neujahrsempfang der Handwerkskammer Koblenz mit allen Antworten der Politiker wurde aufgezeichnet und ist ab Samstag nachmittag online abrufbar: www.hwk-koblenz.de/neujahrstalk

 

15.01.2021



Neujahrstalk des Handwerks (Aufzeichnung)


 

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