Wiederaufbau des Ahrtals ist "ein nationaler Kraftakt"
HwK Koblenz
Das Handwerk im Austausch mit der Politik (von links): Daniela Schmitt, Andreas Pinkwart, Maik Rönnefarth und Kurt Krautscheid sprechen über die aktuelle Lage der Betriebe im Hochwassergebiet und Möglichkeiten einer effektiven und schnellen Hilfe.

Hochwasserkatastrophe: Wirtschaftsminister Schmitt und Pinkwart tauschen sich in Dernauer Tischlerei zur aktuellen Lage aus und legen 10-Punkte-Plan zum Wiederaufbau vorWiederaufbau des Ahrtals ist "ein nationaler Kraftakt"

Gleich zwei Wirtschaftsminister kamen in die Tischlerei Rönnefarth nach Dernau, um sich vor Ort einen Überblick zu den Hochwasserschäden und den Stand des Wiederaufbaus zu verschaffen. Daniela Schmitt aus Mainz und Prof. Dr. Andreas Pinkwart aus Düsseldorf holten sich Informationen aus erster Hand von Betriebsinhaber Maik Rönnefarth wie auch Kurt Krautscheid, Präsident der Handwerkskammer (HwK) Koblenz. Ebenfalls dabei: Alfred Sebastian, Bürgermeister der stark vom Hochwasser betroffenen Ortschaft Dernau.

Leben und arbeiten entlang der Ahr haben sich durch die Flutkatastrophe Mitte Juli 2021 radikal verändert. Zahlreiche Wohnhäuser wurden zerstört oder schwer beschädigt. Kaum eine Unterkunft blieb verschont. Und auch die Wirtschaft ist betroffen. Allein 585 Handwerksbetriebe sind im Krisengebiet zu Hause, 100 von ihnen bilden rund 300 Lehrlinge aus. Wie hoch die materiellen Schäden liegen, kann im aktuellen Stadium der Aufnahme noch nicht verlässlich gesagt werden. Denn viele Gebäude sind noch nicht statisch untersucht. Erst dann wird sich zeigen, ob weitere Bausubstanz wegen Einsturzgefahr abgerissen werden muss. „Aktuell schätzen wir pro Betrieb einen Schaden von rund 500.000 Euro“, erklärt dazu die HwK-Betriebsberatung.

Dabei kommt gerade dem Handwerk im Ahrtal beim Wiederaufbau eine Schlüsselrolle zu und das Interesse aller muss sein, diesen Wirtschaftsbereich möglichst schnell wieder einsatzbereit zu machen. Die Tischlerei Rönnefarth um ihren Chef Maik ist hierfür ein Musterbeispiel. Denn drei Wochen nach der verheerenden Flut – der Betrieb stand 2,50 Meter unter Wasser und damit waren auch alle Maschinen ein Totalschaden – laufen hier die Vorbereitungen zum Wiederhochfahren der Produktion auf vollen Touren. Daniela Schmitt spricht insofern ganz zurecht „vom Handwerk als Helden des Wiederaufbaus. Dabei müssen wir unbedingt die Jugend einbinden.“ Denn auch das ist ein Problem, das nun gelöst werden muss. Niemand will, dass sich Jugendliche in Ausbildung oder Gesellen vom Ahrtal abwenden. „Wir müssen ein Signal senden, dass sie hier gebraucht werden, wir ihnen Zukunft bieten.“ Kurt Krautscheid, der einen engen Austausch mit den Innungen vor Ort und der Kreishandwerkerschaft pflegt, greift das auf und kann aus seinen Erfahrungen bestätigen, dass sich gerade die Jugend in die Krisenbewältigung stark einbringt. „Schaut man sich deren Hilfsbereitschaft an, ist das sehr beeindruckend und stimmt uns sehr optimistisch.“ Mut und Zuversicht sind auch Teil dieser Krise. „Das ist ein sehr starkes Signal!“

Wiederaufbau des Ahrtals ist "ein nationaler Kraftakt"
HwK Koblenz
Die Tischlerei Rönnefarth in Dernau am Tag nach der nächtlichen Flutkatastrophe. Was sich an diesem 15. Juli 2021 niemand vorstellen konnte: Bereits drei Wochen später laufen die Vorbereitungen zum Hochfahren der Produktion. Mit enormer Energie haben viele Handwerksbetriebe ihre Handlungsfähigkeit in kurzer Zeit wiedererklangt.

Für Maik Rönnefarth geht es nun auch um Planungssicherheit – und damit spricht er vielen anderen Unternehmern, aber auch Privatpersonen aus dem Herzen: „Wir brauchen verlässliche Grundlagen, auf die wir aufbauen können. Wo kann wieder etwas aufgebaut werden und wie? Das müssen wir jetzt verlässlich wissen!“. Das gelte für Gewerbestandorte wie auch für die Wohngebiete. „Orte wie Dernau dürfen keine Geisterdörfer werden“, mahnt auch Alfred Sebastian.

Eine wichtige Rolle beim Wiederaufbau wird das Handwerk spielen, gerade bei der Versorgungstechnik. „Bald steht der Winter vor der Tür. Bis dahin gibt es viel zu tun und die Organisationskraft und Verlässlichkeit des Handwerks quer durch die Gewerke ist gegeben. Ich schließe hier alle ein, ob Dachdecker, SHK, Bäcker, Fleischer, Elektriker, Tischler und, und, und! Schnelles und effektives Handeln setzt entsprechende Rahmenbedingungen voraus.“ Damit die optimiert werden, wird es ab kommenden Dienstag (10. August 2021) in der Ahr-Akademie der HwK Abstimmungsrunden geben. Auch Maik Rönnefarth wird dabei sein, der die Handwerkskammer lobt für ihr zügiges und durchdachtes Krisenmanagement. „Wir konnten noch gar nicht unseren Notruf an die Kammer absetzen, da waren ihre Mitarbeiter schon hier.“

Wichtig, und das beschreiben Unternehmer, Regionalpolitiker und Kammervertreter einheitlich, ist eine optimale Koordination der Hilfsmaßnahmen. Nur dann kann sie greifen.

Wirtschaftspolitiker stellen 10-Punkte-Plan vor

Die beiden Wirtschaftsminister Pinkwart und Schmitt sprachen sich für eine rasche und nachhaltige Aufbauhilfe des Bundes für die getroffenen Betriebe aus und stellten einen 10-Punkte-Plan vor.

„Die schnelle und ausreichende finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern als gemeinsamem, nationalen Kraftakt ist ein dringend notwendiger erster Schritt. Damit die Hilfe schnell ankommt, ist der Abbau bürokratischer Hürden elementar.“

In einer gemeinsamen Erklärung haben die beiden Wirtschaftsminister aus Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, die eng in der Krisenbewältigung zusammenarbeiten, zentrale Forderungen an den Bund herangetragen.

So müsse der Aufbaufonds auf Bundesebene zügig beschlossen werden, damit das Geld schnell in den Regionen ankomme. Dieser sollte auch wirtschaftliche Nachteile kompensieren, die bei den Unternehmen durch Umsatzverluste aufgrund der Schäden entstanden sind. Zudem sei es wichtig, dass die Wiederaufbauhilfe die Länder in ihren Förderprogrammen für die Maßnahmen vor Ort unterstützt. Die Länder müssten maßgeschneiderte Programme auf- und umsetzen können. Der Bund müsse ergänzend die Möglichkeit zum Rückgriff auf europäische Fördermittel aus dem Europäischen Solidaritätsfonds schaffen.

06.08.2021



 

HwK-Pressestelle

Jörg Diester

Jörg Diester
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